Spätestens seit der letzten Dringlichkeitsmaßnahme des Landeshauptmannes Nr. 20/2020 vom 13. April 2020 steht fest, dass sich die Südtiroler zu Fuß überall hinbewegen dürfen.

Die körperliche Betätigung ist auf Staatsebene immer dann erlaubt, wenn sie in der Nähe der eigenen Wohnung ausgeübt wird, wobei dieser Begriff großen Interpretationsspielraum bietet und damit Rechtsunsicherheit.

Der Landeshauptmann hat in obiger Dringlichkeitsmaßnahme vom 13. April für das Land Südtirol hingegen präzisiert, dass hier die Voraussetzung „in der Nähe der eigenen Wohnung“ immer dann erfüllt ist, wenn man zu Fuß unterwegs ist.

Unverändert bleibt die Vorschrift bei körperlicher Betätigung den Abstand von 3 Metern zu anderen Personen einzuhalten und weiters den verpflichtenden Mundschutz zu tragen. Außerdem darf man nur alleine unterwegs sein und nicht in Begleitung der Familie, des Lebensgefährten oder anderer Personen.

Beim Lesen der Dringlichkeitsverordnung scheint es so zu sein, dass man sich, sofern zu Fuß, auch über die Gemeindegrenzen hinaus bewegen darf: der Landeshauptmann Dr. Arno Kompatscher hat diese Frage in der gestrigen Videopressekonferenz effektiv mit „Ja“ bestätigt und wohl auch die Polizeikräfte angewiesen, diese Auslegung anzuwenden. 

Dies sind also die Regelung auf Landesebene. Was machen die Gemeinden?

Der Artikel 9 der Dringlichkeitsmaßnahme des Landeshauptmannes vom 13. April 2020 sieht vor, dass die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Südtiroler Gemeinden aufgrund der Beurteilung der Entwicklung der Ansteckung und der besonderen Dichte der ansässigen Bevölkerung, zusätzliche restriktivere Maßnahmen mit Bezug auf die erlaubte körperliche Aktivität einführen können.
Die Gemeinde Bozen hat genau das getan und mit Verordnung vom 14. April 2020 den Radius für die körperliche Betätigung auf 400 Meter Entfernung von der eigenen Wohnung eingegrenzt (Unser Partner RA Alexander Bauer hat die Verordnung in einem Interview mit dem RAI-Mittagsmagazin vom 16.04.2020 rechtlich beleuchtet). 

Bereits zuvor hatten die Gemeinden Bozen und Leifers mit Verordnungen vom 7. April 2020 sowie die Gemeinde Meran mit Verordnung vom 8. April 2020 festgelegt, dass sich die Einwohner ihrer Städte maximal 200 Meter von ihrer Wohnung entfernt körperlich betätigen dürfen. Diese Einschränkungen waren auf die Dringlichkeitsmaßnahme des Landeshauptmannes Nr. 18 vom 6. April 2020 gefolgt, mit welcher die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ermächtigt worden waren, zusätzliche Maßnahmen in Bezug auf die körperliche Aktivität zu erlassen.

Die Gemeindepolizei einiger Gemeinden hatte sich jedoch auch schon vor Erlass der Dringlichkeitsmaßnahme des Landeshauptmanns vom 6. April 2020 eine interne Richtlinie gegeben, wonach der Begriff „in der Nähe der eigenen Wohnung“ mit einer Entfernung von maximal 200 Metern auszulegen sei. Diverse Südtiroler Bürger, die sich über 200 Meter von ihrer Wohnung entfernt hatten, waren infolge dieser internen Auslegung der Gemeindepolizei mit Strafen versehen worden. Ob diese Strafen jedoch rechtens sind, ist zu bezweifeln: weder die staatlichen Bestimmungen noch die Dringlichkeitsverfügungen des Landes Südtirol sahen nämlich für besagten Zeitraum vor dem 6. April 2020 einen Radius von maximal 200 Metern vor, sondern nur, dass die körperliche Betätigung „in der Nähe der eigenen Wohnung“ zu erfolgen habe. 

Gegen widerrechtlich verhängte Strafen kann innerhalb von 30 Tagen Rekurs eingebracht werden, wie aus der Rechtsbelehrung des jeweiligen Strafbescheides erlesen werden kann. 

Unsere Kanzlei PMAB ist nach wie vor operativ und wir sind auch hinsichtlich dieses Themas gerne für Sie da.

RA Kathrin Platter    und   RA Magdalena Perwanger