Die wohl bedeutendste Neuerung des Gesetzes Nr. 36/2019 betrifft den Rechtfertigungsgrund der Notwehr im Falle von Hausfriedensbruch.

Der novellierte Art. 2044 ZGB sieht im neu eingeführten zweiten Absatz vor, dass die strafrechtliche sowie zivilrechtliche Haftung all jener ausgeschlossen wird, die im Zuge der Notwehr bei Hausfriedensbruch (Art. 52, Abs. 2, 3, und 4 StGB) versuchen sich selbst oder andere zu schützen und dabei einen Schaden verursachen. Es muss zunächst präzisiert werden, dass unter dem Begriff „Hausfriedensbruch“ nicht nur das unerlaubte Eindringen ins Eigenheim verstanden werden muss, sondern auch das Eindringen in jene Orte, in welchen Handels- und Unternehmertätigkeiten ausgeübt werden.

Eine zivilrechtliche Haftung im Falle von Notwehr bei Hausfriedensbruch war bis dato zwar auch ausgeschlossen, jedoch nur in jenen Fällen, in denen die Reaktion des Angegriffenen unbedingt notwendig war und im Verhältnis zu einer aktuellen, andauernden Aggression des Täters stand.

Mit den Neuerungen des Gesetzes Nr. 36/2019 muss die Verhältnismäßigkeit zwischen Aggression und Reaktion nun nicht mehr gegeben sein. Wer also von nun an von der Notwehr bei Hausfriedensbruch Gebrauch macht, ist jedenfalls nicht haftbar, weder strafrechtlich noch zivilrechtlich, und muss im Gegensatz zu früher die Verhältnismäßigkeit seiner Reaktion nicht mehr nachweisen.

Der ebenso neu eingeführte dritte Absatz des Art. 2044 ZGB sieht hingegen vor, dass bei einem sogenannten Notwehrexzess gemäß Art. 55 StGB dem Geschädigten sehr wohl ein Schadenersatz zusteht. Der Richter muss folglich die Umstände und Überschreitungen jener Handlungen in angeblicher Notwehr, welche zu einem Schaden geführt haben, prüfen und den Schadenersatz von Fall zu Fall festsetzen.

RA Avv. Peter Platter