Mein Geschäft ist vorübergehend geschlossen. Ist die Miete trotzdem geschuldet bzw. in welchem Ausmaß?

Aufgrund der aktuellen Pandemie-Notverordnungen sind derzeit die allermeisten Handelstätigkeiten ausgesetzt und zwar vorläufig noch bis zum 13.04.2020. Eine weitere Verlängerung der Beschränkungen ist nicht auszuschließen.

Art. 65 des GD Nr. 18 vom 17.03.2020 sieht diesbezüglich vor, dass die von der Aussetzung betroffenen Unternehmen ein Steuerguthaben in Höhe von 60% des Mietzinses für Geschäftslokale für März 2020 geltend machen können.

Hinsichtlich der privatrechtlichen Auswirkungen der Pandemie auf das Vertragsverhältnis gilt es die konkreten vertraglichen Bestimmungen zu prüfen bzw. sind, falls dort nichts Gegenteiliges vorgesehen ist, die entsprechenden allgemeinen Prinzipien des Zivilgesetzbuches und des Mietgesetzes zur Anwendung zu bringen.

Man kann wohl vorweg nehmen, dass es sich bei dem Coronavirus und der inzwischen in diesem Zusammenhang erlassenen Eil/Notbestimmungen um ein außergewöhnliches, nicht vorhersehbares, keiner Vertragspartei anlastbares und im Moment unüberwindbares Ereignis handelt.

Nachfolgend wird kurz auf die allgemeinen auf Vertragsverhältnisse anwendbaren Grundsätze eingegangen. Demnach ist der Mieter grundsätzlich nicht berechtigt, die Bezahlung des Mietzinses „auszusetzen“, außer der Mietgegenstand wird effektiv vom Vermieter nicht zur Verfügung gestellt, sprich er ist materiell nicht nutzbar, was hier nicht der Fall ist.

Die aktuelle außergewöhnlichen Lage und die entsprechenden Verbote  bedingen für den Mieter die vorübergehende Unmöglichkeit, die Immobilie für den gemieteten Zweck zu nutzen. Unmöglichkeit, welche keiner der Parteien anzulasten und auf den aktuellen Ausnahmezustand zurückzuführen ist. Konkret nämlich ist die Geschäftstätigkeit des Mieters von den aktuellen Dringlichkeitsverfügungen untersagt (sog. „factum principis“).

Man könnte insofern von einer „teilweisen Unmöglichkeit“ im Sinne von Art. 1464 ZGB sprechen. Dieser sieht vor, dass die betroffene Vertragspartei Recht auf Herabsetzung der eigenen Leistung bzw. auf Vetragsrücktritt hat.

Die Rechtsprechung wendet diesen Artikels auch auf Fälle an, in denen die Leistung (hier des Vermieters, die Immobilie zur Verfügung zu stellen) zwar erbracht wird, diese aber unverschuldet nicht genutzt werden kann (s. hierzu Kass. Nr.  8766/2019, Nr. 18047/2018).
Demzufolge wäre der Mieter berechtigt, sofern er nicht vom Mietvertrag zurücktreten möchte, die Aussetzung oder die Reduzierung des Mietzinses für den Zeitraum, in welchem die Nutzung unmöglich ist, zu erhalten.

Außerdem könnte der Mieter auf Art. 1467 ZGB (nachträgliche übermäßige Erschwernis der Leistung) zurückgreifen, welcher die Möglichkeit der Vertragsaufhebung vorsieht, wenn die Leistung nachträglich unmöglich bzw. übermäßig erschwert wird. Im Sinne dieses Artikels kann der Gläubiger der Leistung (in diesem Fall der Vermieter) die Vertragsaufhebung auch abwenden, wenn er der Gegenseite anbietet die Vertragsbedingungen den Gegebenheiten anzupassen, sprich Reduzierung des Mietzinses.

Schließlich wird noch auf Art. 27 des Mietgesetzes verwiesen (G. Nr. 392/1978), wonach der Mieter bei schwerwiegenden Gründen berechtigt ist, mit Vorankündigung von mindestens sechs Monaten vom Vertrag zurück zu treten.

Hinsichtlich des Art. 1467 ZGB (nachträgliche übermäßige Erschwernis der Leistung) und des Art. 27 Mietgesetz (Rücktritt aus schwerwiegendem Grund) sei allerdings darauf hingewiesen, dass der genannte Art. 65 des GD Nr. 18/2020 (Steuerguthaben für den Mietzins) die Bewertung des Vorliegens der Voraussetzungen für deren Anwendbarkeit beeinflussen kann.

Abschließend: eine einseitige Reduzierung bzw. allenfalls Aussetzung des Mietzinses scheint rechtlich nicht gerechtfertigt, sondern muss allenfalls im Einvernehmen mit dem Vermieter erfolgen. Sollte dies nicht gelingen, müsste ein entsprechendes verpflichtendes Mediationsverfahren eingeleitet werden und hierauf allenfalls ein Gerichtsverfahren. Hierzu liegen natürlich noch keine Erfahrungswerte vor. Aufgrund der außergewöhnlichen Situation ist nicht auszuschließen, dass Gerichte, welche zukünftig mit der Frage hinsichtlich der Mietreduzierung konfrontiert werden, womöglich über Interpretationen auch zur Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit versuchen werden mieterfreundlich zu urteilen.

Es versteht sich, dass im vorliegenden Artikel ausschließlich die allgemeinen Rechtsprinzipien beleuchtet werden und dass jeder Fall im Einzelnen und anhand der spezifischen vertraglichen Klauseln geprüft werden muss.
Für weitere Fragen können Sie uns gerne kontaktieren.

RA Alexander Ausserer und RA Ruth Libardi