In Italien verzeichnet sich jüngst eine Fülle an Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit dem sog. Superbonus 110%. Viele Bauherren haben die Fördermaßnahme beansprucht, um ihre Immobilie energetisch aufzuwerten und effizienter zu gestalten. Die daraus resultierenden Streitfälle betreffen vorwiegend die falsche Auslegung von Gesetzesvorschriften; unsachgemäße Abtretung der Steuergutschriften; nicht konforme Ausführung oder vorzeitige Beendigung der Werkverträge; sowie nachträgliche Preiserhöhungen seitens des Auftragnehmers.

Insbesondere mit letzterer Thematik sehen sich nunmehr viele Bauherren konfrontiert. Als Hauptgrund für die Preisänderung wird meist der derzeitige Rohstoffmangel angeführt. Wie also können sich die Bauherren gegen derartige Ansuchen des Auftragnehmers wehren?

Bekanntlich lässt das Zivilgesetzbuch Preisnachverhandlungen bei Werkverträgen unter folgenden Vorzeichen zu: „Sofern sich durch unvorhergesehene Umstände ein solcher Mehrbedarf an Materialien oder an Arbeitskräften ergibt, dass er eine Erhöhung des vereinbarten Gesamtpreises um mehr als ein Zehntel bewirkt, kann der Unternehmer eine Neubestimmung dieses Preises verlangen“ (Art. 1664 ZGB). Zwingende Voraussetzungen für etwaige Preiskorrekturen sind demnach die Unvorhersehbarkeit der Umstände, welche diese bedingen, sowie deren Mindestinzidenz von 10% auf den Gesamtpreis.

In diesem Lichte haben die Bauherren tendenziell folgende Möglichkeiten, um einer nachträglichen Preiserhöhung entgegenzuwirken:

  • sind beide Vertragsparteien damit einverstanden, kann einvernehmlich von der gesetzlichen Regelung abgewichen werden. Zu diesem Zwecke wird in den Werkvertrag die ausdrückliche Klausel aufgenommen, wonach die Neubestimmung des Preises grundsätzlich untersagt ist und der Auftragnehmer das diesbezügliche Unternehmerrisiko übernimmt (KassGH 7946/2020);
  • im Streitfalle können die Bauherren die Unvorhersehbarkeit der vom Auftragnehmer angeführten Gründe für die Preiserhöhung beanstanden (KassGH 10265/2022). So scheint beispielweise die Markterholung mitsamt steigender Nachfrage an Rohstoffen nach Beendigung der Corona-Pandemie als nicht völlig unvorhersehbar. Selbiges gilt für den Rohstoffmangel aufgrund der Ukraine-Krise, sofern der Vertragsabschluss weit nach Kriegsbeginn erfolgt ist;
  • die Bauherren können den Auftragnehmer darum ersuchen, die Auswirkungen des Rohstoffmangels auf den Gesamtpreis im Ausmaß von mehr als 10% dokumentarisch zu belegen. Misslingt dem Auftragnehmer dieser Nachweis, können dessen Anforderungen als unbegründet zurückgewiesen werden.

Eine fallspezifische Überprüfung des jeweiligen Vertragsverhältnisses zwischen den Streitparteien kann zu weiteren Lösungsansätzen führen.

Für Rückfragen zum Thema stehen Ihnen RA Alexander Bauer und RA Julian Daniel gerne zur Verfügung.